schriftliche Antwort zur Anfrage Nr. F-00105/14-AW-001
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Ratsversammlung
17.09.2014
Zuständigkeit
Bestätigung
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff
Special Olympics – Voraussetzungen als Ausrichterstadt (V/F 1220)
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
Sachverhalt:
Anlagen:
Seite 1/3
Antwort zur Anfrage Nr. V/F 1220 vom 17.7.2014
Die Anfrage stellte
Wolf-Dietrich Rost MdL
Special Olympics – Voraussetzungen für Ausrichterstadt
Gestatten Sie mir zunächst eine knappe Hintergrundinformation.
Die Special Olympics Bewegung wurde in den 1960er Jahren in den USA gegründet.
Heute sind 2,8 Millionen Sportlerinnen und Sportler mit geistiger und mehrfacher
Behinderung in über 170 Ländern organisiert. Es ist die größte - vom IOC anerkannte
- Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung. Special Olympics
Deutschland wurde 1991 als gemeinnütziger Verein gegründet und bietet
ganzjähriges Sporttraining in insgesamt 24 Sportarten an. Zur Zeit sind ca. 38.000
Athletinnen und Athleten im deutschen Verband organisiert. Auf Landesebene
koordiniert Special Olympics Sachsen (Mitglied im Landessportbund Sachsen)
Wettkämpfe und Aktivitäten.
Die National Games als wichtigste Veranstaltung von Special Olympics Deutschland
ist eine Multisportveranstaltung im Breitensport. Mit Schreiben des Vizepräsidenten
Special Olympics Deutschland, Herrn Andreas Silbersack, vom 5. Mai 2014 wurde
die Anfrage zur Austragung der National Games 2016 an die Stadt Leipzig gestellt
-2-
Und nun zu Ihren Fragen:
1. Welche Voraussetzungen muss eine Ausrichterstadt erfüllen?
a. a.) Finanzielle Anforderungen
Der Gesamtetat der Veranstaltung beläuft sich laut Veranstalter auf 1,3 Millionen
EUR. Darin sind folgende Bereiche berücksichtigt:
Sport (Organisation)
Logistik
Volunteers
Rahmenprogramm
PR-Arbeit
Personal- und Reisekosten.
Betrieb- und Mietkosten für die Sportstättennutzung sowie Angebote durch die
Ausrichterstadt im Rahmenprogramm sind nicht berücksichtigt. Es wird eine
kostenfreie Bereitstellung für den Veranstalter erwartet.
Laut Veranstalter sind in der Basiskalkulation 300.000 EUR Zuschuss durch die
Ausrichterstadt zu bringen. Darüber hinaus benennt der Veranstalter in seinem
Anforderungskatalog eine Ausfallbürgschaft durch die Ausrichterstadt i.H.v. 250.000
EUR.
Alle Anforderungen und Zahlen verstehen sich als „Verhandlungsbasis“. In
Auswertung der Gastgeberschaften von Bremen (2010), München (2012) und
Düsseldorf
(2014)
und
den
Finanzierungstendenzen
ist
hier
von
einer
Größenordnung von ca. 500.000 EUR auszugehen.
Gebührenerlasse bzw. geldwerte Leistungen sind in der Kostenaufstellung nicht
berücksichtigt.
-3-
Beispiele für Unterstützungsleistungen anderer Ausrichterstädte
Förderung
Bremen 2010
München 2012
Düsseldorf 2014
200.000 €
467.000 €
400.000 €
(weitere 617.000 €
(keine weiteren
anderer öffentlicher
Leistungen)
Einrichtungen, z.B.
Land Bayer)
Bürgschaft
85.000 €
k.A.
nein
Projektleiterstell
80.000 €
k.A.
nein
ja
k.A.
ja
e
mietkostenfreie
Sportstätten
b.
b. ) bauliche/infrastrukturelle Anforderungen
Für das kompakte Veranstaltungsformat sind allgemein möglichst nah beieinander
liegende Wettbewerbsstätten erforderlich, die werbe- und kostenfrei sowie mit
öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind, ein Zentral-Areal (Olympic Town)
sowie eine Eventhalle für Eröffnung und Abschluss. Außerdem sind vor allem hier
Parkplatzkapazitäten
(insgesamt
für
ca.
700
Kleinbusse)
notwendig.
Sportartenspezifisch nennt der Anforderungskatalog:
Sportanlagen (outdoor)
Sportart
Fußball
Leichtathletik
Rad
Reiten
Anforderung
10 Kleinfeldanlagen (Rasen oder
Kunstrasen) + 2
Aufwärmfelder
Anlage nach DLV Wettkampfstandards
mit Tribüne
(mind. 1000 Sitzplätze)
8 Rundbahnen, 4 Weitsprung-, 3
Kugelstoß- , 3 Ballwurfanlagen
abgesperrter Rundkurs (min. 2,5 km),
große Kurvenradien mit Start- und
Zielbereich
Reitsportanlage mit Stallflächen, 2
Reitanlagen (20x40m)
Tennis mind. 6 Wettbewerbsfelder
Anmerkung
Noch zu prüfen,
schlechter Zustand
Sanitär/Umkleide!!
nicht vorhanden und
auch nicht in Planung
organisierbar
Amt für Sport verfügt über
keine Anlage; eventuell
über private Partner
Tennis
Golf
Kanu
min. 6 Wettbewerbsfelder
Golfanlage, 18 Loch
6 Bahnen a 9m Breite, 500m Länge
Beachvolleyb
all
Unihockey:
2 Felder
möglich
organisierbar
nur außerhalb Leipzigs
Amt für Sport verfügt über
keine Anlage
organisierbar
2 Felder
organisierbar
Knackpunkte in Leipzig: ganz klar die Sportstätten für Leichtathletik und Schwimmen.
In Kapazität oder Zustand problematisch sind die Themen Wassersport und Fußball.
Sporthallen
Sportart
Badminton
Basketball
Boccia
Bowling
Handball
Kraftdreikampf
Judo
Roller Skating
Schwimmen
Tischtennis
Anforderung
9 Wettbewerbsfelder
2 Wettbewerbsfelder , 1 Aufwärmbereich
(Dreifeldhalle)
10 Bahnen a 18.29x3.66m
10 Bahnen
1 Feld 20x40m
Fläche 20x40m
2 Mattenanlagen, 30 x 20m
Fläche 50x30m – 45x25m
Schwimmhalle mit 8 Bahnen a 25 Meter
und Aufwärmbahnen
30-35 Platten; Boxengröße pro Platte:
10x5m
Anmerkung
Vorhanden? Noch zu prüfen!
Zentral-Areal (Olympic Town)
Neben den Sportstätten sind Flächen (kostenfrei) zum Überbauen mit Zelten und
notwendigen Sanitäreinrichtungen bereit zu stellen. Die Finanzierung soll über den
Gesamtetat der Veranstaltung gedeckt werden.
c.) organisatorisch/logistisch
Neben den infrastrukturellen und finanziellen Anforderungen werden weitere
Verantwortlichkeiten der Kommune genannt:
Koordination der (über)behördlichen Absprachen
Kontaktherstellung zu wichtigen Personen aus Wirtschaft, Politik, Kultur und
Sport, Sponsorenakquise
Koordination Vertragsabschluss
Einbindung der Sportfachverbände
-4-
Kontaktherstellung zu Schulen und Einrichtungen für Menschen mit geistiger
Behinderung; Initiierung von Projekten
Unterstützung bei der Helfergenerierung durch die Schulbehörde
kulturelles Angebot durch die Kulturbehörde
Koordination der Unterkunftssuche, Einrichtung einer Hotline und Internetseite
Amtshilfeersuchen und Einbindung vom THW, der Bundeswehr, der
Feuerwehr
Gewinnung Kooperationspartner wettbewerbsfreies Angebot
Öffentlichkeitsarbeit: Einbindung der Presseabteilungen der Stadt,
regelmäßige Presseberichterstattung über bestehende Verteiler;
Kostenfreie Nutzung städtischer Werbeflächen (Citylights o.a. Fahnenmasten);
Einbindung SOD in städtische Veranstaltungen im Vorfeld (z. B. Sportlerball,
Woche der Behinderung etc.)
Transport: Einbindung städtischer öffentlicher Nahverkehr (kostenfreie
Nutzung für Teilnehmer, Shuttle Services)
Protokollarische Unterstützung
Letztendlich erfordert dies zusätzliche Personalkapazität.
2. Wie lange wäre die Vorlaufzeit, um alle Voraussetzungen für die
Ausrichtung der Special Olympics zu erfüllen?
Auf Grund der abgeschlossenen Haushaltsplanung mit dem Doppelhaushalt
2015/2016 wäre eine finanzielle Verankerung erst wieder im Haushalt 2017/2018 für
das
Jahr
2018
möglich.
Allerdings
können
die
hohen
infrastrukturellen
Anforderungen nach derzeitiger mittelfristiger Investitionsplanung bis dahin nicht voll
umfänglich erfüllt werden.
Das infrastrukturelle Anforderungsprofil für diese Veranstaltung sollte zudem mit der
Sportentwicklungs- und der Sportstättenleitplanung des neuen Sportprogramms
2016 bis 2024 abgestimmt werden ( Prioritätensetzung). Dies liegt dem Rat im ersten
Halbjahr 2016 vor.
Ein Termin kann daher heute nicht genannt werden.
-5-
3.
Wie hoch wird der Gesamtaufwand geschätzt, als Stadt Leipzig die
Special Olympics auszurichten?
Der Gesamtaufwand lässt sich ohne abschließende Aussagen zu den Leistungen der
Ausrichterstadt nicht beziffern; zumal Verantwortung in einigen Punkten außerhalb
der Stadtverwaltung liegt.
Klar ist allerdings schon heute, dass die angegebenen Forderungen Kosten
hinsichtlich einer Extra-Projektstruktur für max. 3 Jahre nach sich ziehen. Für jeden
Veranstaltungsort
ist
–
schon
aus
den
Möglichkeiten
vorhandener
und
anzumietender privater oder verpachteter Infrastruktur - eine Extra-Kalkulation zu
erarbeiten. Dadurch kann sich das Gesamtbudget der Veranstaltung über die
veranschlagten 1,3 Mio. EUR hinaus erhöhen.
300.000 EUR direkter Zuschuss durch die Stadt Leipzig sowie 100.000 EUR durch
das Land Sachsen sind dann ggf. nicht ausreichend, um die Gesamtfinanzierung der
Veranstaltung sicher zu stellen
4.
4.
Wie hoch werden die Besucherzahlen geschätzt, die während der
Durchführung der Special Olympics die Stadt besuchen?
Die Teilnehmerstruktur erfordert einen sehr hohen Betreuungsaufwand sowohl
während als auch außerhalb der Wettkämpfe. Durchschnittlich nehmen ca. 10.000 14.000 Menschen an den Special Olympics National Games teil (Besucherrekord in
München 2012: über 20.000).
Die Teilnehmerzahl setzt sich aus ca. 5.000 Athletinnen und Athleten sowie aus
Betreuern, Volunteers und Angehörigen zusammen.
Zuschauereinnahmen werden nicht erzielt, da die Veranstaltung kostenfrei ist.
-6-
5.
Kann der Imagegewinn geschätzt werden, der durch die Ausrichtung der
Special Olympics erzielt werden?
Laut verfügbarer Aussagen in Auswertung auf der Website des Veranstalters erreicht
die mediale Berichterstattung regionale bis nationale Reichweite.
Imagewerte sind nicht direkt messbar, solche Erkenntnisse sind nur über
Befragungen zu gewinnen; alle Aussagen dazu sind nur Schätzungen
Zu den vorangegangenen Special Olympics liegen nur Erfahrungsberichte vor:
Sowohl Düsseldorf 2014 und München 2012 beurteilen in der Auswertung, dass die
Veranstaltung die Ziele der Special Olympics National Games erfüllte (große
Öffentlichkeit, soziale Kontakte für Sportlerinnen und Sportler etc.) und dadurch auch
positive Resonanz und Imageeffekte für die Ausrichterstadt erzielte. Sie gaben aber
auch an, dass der angegebene Kostenrahmen nicht ausreichend war. München 2012
lag trotz seines Olympiaparks mit kompakter Infrastruktur über dem Plan
(Gesamtetat 3 Mio.)
Special Olympics Deutschland verringerte nach München 2012 den
Anforderungsumfang für Düsseldorf 2014.
Für die Veranstaltung in Bremen 2010 liegt eine Studie (erstellt im Auftrag des
Special Olympics Deutschland e.V.) zu den monetären Auswirkungen vor.
Demnach werden Gesamtausgaben: (Übernachtungen und Tagesausgaben)
in der Veranstaltungswoche aller teilnehmenden Gruppen auf ca. 2,5 Mio.
EUR beziffert. Zusätzlich werden Organisationskosten von ca. 1,1 Mio. EUR
benannt
Insgesamt wurden damit Aufträge i.H.v. ca. 3,6 Millionen EUR in der
Ausrichterstadt Bremen 2010 ausgelöst.
-7-
6.
Ist es richtig, dass die Stadtverwaltung einer möglichen Ausrichtung der
Special Olympics derzeit kritisch gegenübersteht?
Die Stadt Leipzig wurde für eine Durchführung in 2016 zu einem Zeitpunkt angefragt,
zu dem die verwaltungsinterne Haushaltsaufstellung für 2015/16 schon weit
fortgeschritten war. Außerdem geht es bei einer Prüfung ja nicht nur um den direkten
finanziellen Zuschuss, sondern auch um infrastrukturelle Bedingungen. Leipzig erfüllt
nur zum Teil die Sportstättenanforderung der Special Olympics Deutschland.
Bereits unter 1. hatte ich dazu beispielhaft die unzureichende Ausstattung eines
Leichtathletik-Stadions mit Tribünen gemäß Vorgaben des DLV benannt. Alternativ
könnte die Nutzung der Arena in Betracht gezogen werden; dabei sind aber die
erheblichen Betriebs- und Umbaukosten zu berücksichtigen.
Die inhaltlich positiven Erfahrungen der vorangegangenen Ausrichterstädten sind
abzuwägen mit den finanziellen und infrastrukturellen Anforderungen des Special
Olympics Deutschland e.V .
Die konkret begründete Absage für 2016 wurde bereits am 10.06.2014 im
Fachausschuss Sport. Hierzu gab es keine Einwände durch Mitglieder des
Gremiums.